Tag 9 & 10: Yakakent und Giresun (Türkei)

Tag 9: Yakakent (Türkei)

 

Was ein Morgen. Mit den ersten warmen Sonnenstrahlen gehen unsere Heckklappen auf und wir sehen direkt auf’s Meer. Die Dusche für heute ist also wieder gesichert. Wir sind noch gar nicht richtig wach, da kommt ein Energiebündel auf zwei Beinen, dessen Fitness für uns unerklärlich ist. Auf jeden Fall sorgt er dafür, dass wir die nächsten Stunden keine ruhige Minute haben werden.
Hakan heißt der Mann mit dem Wespennest unterm Hintern und der, der dorfbekannt zu sein scheint. Er rauscht an und wirbelt in unserem Lager herum, setzt sich auf unsere Musikbox und gibt seine künstlerischen Fähigkeiten als Sänger zum Besten. Ein türkisches Lied nach dem anderen trällert er für uns. Ehrensache, dass wir mit unserem Team-Hit „Verdammt ich lieb dich“ kontern. Hakan wandelt unsere glänzende Performance in einen von ihm zusammengestellten Tanz um. Karo muss als Tanzpartnerin herhalten und die beiden tanzen am Strand. Trotz fehlender gemeinsamer Sprache verstehen wir uns doch alle mit Händen, Füßen, Tanz und Bier. Und wenn nicht, juckt es auch keinen.

Unser Freund hat uns so mit seiner Hüpfer- und Tanzerei angesteckt, dass wir uns bei wunderschönem Wetter unsere Laufschuhe binden. Nirgendwo kann es schöner sein als mitten in der Pampa von Yakakent durch die Berge zu joggen. Dabei kommen wir an einem kleinen aber feinen Dorf vorbei, das neben netten Leuten rustikale kleine Ruinen zu bieten hat. Das Meer vor der Haustür bzw. Heckklappe zu haben ist zum Duschen mal wieder urgut.

Die Kirchenuhr nebenan hat noch nicht mal 12 geschlagen, da schneit auch schon der Nächste in unser Lager herein. Es ist der „Captain“, welcher uns seine Ehre erweist und uns wie selbstverständlich einen göttlich schmeckenden Lachs zum Frühstück zubereitet. Wir feiern Ourson den ganzen Vormittag. Unser – im Vergleich zu unserem vorherigen Freund – stiller und deswegen äußerst angenehmer Gast weiß das zu schätzen. Er lebt aber eher nach dem Motto „Schweigen und Genießen“. Inmitten unserer Auto-Kajüten und den Campingstühlen wird es noch ein sehr dekadenter Vormittag.
Ourson ist Fischer und reist viele Monate auf dem Meer herum, bis er ab April seine verdiente Sommerpause einleitet und dieses Jahr Gott sei Dank auf uns gestoßen ist.

Er lädt uns auch noch zu einem Chai, bei dem es aber nicht bleibt, zu sich nach Hause ein. Ourson zieht seine „James-Kapitänsmütze“, die wir ihm als kleines Dankeschön überlassen haben, auf und radelt voraus. Wir machen unsere Autos startklar und treffen ihn, auf uns wartend, an der Straße wieder.

Zu Hause empfängt uns schon seine Frau Fatma und verwöhnt uns aufs Neue.

Es scheint, als wäre Ourson seit seiner Arbeit auf dem Meer noch nicht ein einziges Mal nach Hause gekommen, zumindest ist Fatma nicht nur von unserem Besuch überrascht.

Wir verabschieden uns und lassen ein Gruppen-Polaroidbild mit ihnen da. Außerdem wird Ourson das liebevolle Anker-Tattoo mit der Widmung „SERIFE“, das wir ihm verpasst haben, allzeit an uns erinnern. Zumindest solange, bis die nächste Dusche fällig ist.
Gegen Abend erreichen wir einen höheren Berg, von dem wir einen überragenden Blick auf die Stadt Samsun haben. Die gleiche Idee haben wohl eine Gruppe Türken, mit denen wir mit Bier den Abend ausklingen lassen.
Nachts bekommen wir außerdem noch unerwarteten Besuch von der Polizei, die meint, wir könnten hier nicht übernachten. Nach ein bisschen Hundeblick und Unschuldsmiene werden aber schließlich sogar die Handynummern ausgetauscht – für den Fall, dass wir ein Problem bekommen und ihre Hilfe brauchen.

Tag 10: Giresun (Türkei)
Eine Nacht in Schräglage zu pennen hat den Vorteil am nächsten Morgen früh aufstehen zu wollen. Mit Frühschwimmen im direkt vor der Heckklappe liegendem Meer und Morgenyoga starten wir in den Tag. Aus dem Haus gegenüber winkt eine nette Frau, die uns dann kurzerhand auf einen Chai ein, bei dem es natürlich wieder nicht bleibt. Und so spazieren wir mal wieder in ein fremdes Hinterhaus, in welchem uns die Frau, ihr Mann und die Schwester schon freundlich erwarten.


Mit Händen und Füßen geht es dieses Mal um Fußball und Gott und die Welt. Datteln in Zucker eingelegt, Brot und Oliven sind aufgetischt und schon haben wir uns zum zweiten Mal in Folge das Frühstück aus dem Supermarkt gespart und stattdessen urgut geschlemmt. Unserem Ritual treu bleibend gibt’s zum Abschied ein Polaroid-Bild für die Drei.
Weiter geht’s nach Giresun, wo sich alle Rallyteams treffen. Wir schlagen unsere Lager im Dreieck auf und, wer hätte es gedacht, stehen neben Team Schwobastyle. Uns schwant also Böses wenn wir an kommenden Abend denken.


Bei unserem bescheidenen Camping-Grill müssen wir etwas nachhelfen und stellen ihn unter den laufenden Auspuff. Zum Essen gibt’s köstliche selbstgekaufte Köfte und Kebab. Die Schwobastyler gesellen sich zu uns und natürlich muss auch dieses Mal wieder eine Bierbank dran glauben. Irgendwann ist unser „Wohnzimmer“ voll von anderen Teams und „Kerles“, die sich alle die größte Mühe geben, die letzten gemeinsamen Abende noch zu übertrumpfen. Den ein oder anderen pusht dabei die Motivation, die anderen Teams für den folgenden Rallytag ein wenig auszubremsen. Aber am nächsten Morgen geht es allen immer gleich und irgendeinen Trottel gibt es immer, der dann über den Platz läuft und alle aus ihrem wohlig warmen Delirium reißt, bis sich auch der Letzte aufrafft und wieder zum sportlicheren Teil der Veranstaltung übergeht.